Es gibt Filme, die auf dem Papier ewig in Hollywood die Runde machen und die schon allein mit ihren illustren Geschichten um gefloppte Arrangements, dem Verschleiß von kreativen Kräften und anderen Problemen ein neues Drehprojekt rechtfertigen würden. Mit den kaum nennenswerten Fortschritten zu einem Film wie Spawn könnte man etwa ganze Romane füllen. Heute soll es aber um einen Fantasy-Film gehen, der von vielen längst abgeschrieben wurde, weil sich niemand so recht an das heiße Eisen dieser kampfeslustigen Lady traute. Die Rede ist natürlich von Red Sonja.
Wenn man über Red Sonja spricht, muss man beinahe zwei Dekaden zurückblicken, um das gewaltige Ausmaß an verschlissener Expertise für dieses Projekt nachvollziehen zu können. Sage und schreibe neun offizielle Drehbücher, vier Regisseure und zig weitere Fehlstarts sind anzuführen, wenn man von den Fehlschlägen, einen neuen Film über eine der berühmtesten Kriegerinnen der Welt zu drehen, berichten will.
Wir erinnern uns etwa sehr schmerzlich daran, dass Robert Rodriguez einen Red Sonja-Film mit Rose McGowan inszenieren sollte. Leider kam es aber kurz vor dem Dreh im Jahr 2010 dazu, dass sich die Schauspielerin verletzte und Lionsgate daraufhin im Stillen von dem Fantasy-Projekt Abstand nahm. Auch möchten wir Amber Heard nicht vergessen, die ab 2011 für die Rolle gehandelt wurde. Sacha Baron Cohen war ebenfalls für einen wichtigen Part vorgesehen, doch auch diese Pläne waren nicht vom ersehnten Erfolg gekrönt.
2018 sollte Bryan Singer die Kämpferin endlich auf Kurs bringen, doch das hat letztlich auch nicht funktioniert, weil er mit unprofessionellem Verhalten an Filmsets wie dem von Bohemian Rhapsody aufwartete und darüber hinaus auch Vergewaltigungsvorwürfe zu seiner Person laut wurden.
Bereits damals war man in Sofia zugegen, um Red Sonja zu drehen, doch die Anschuldigungen wurden im März 2019 immer konkreter und ausschweifende Demonstrationen erhöhten den Druck auf das Studio, sodass man sich letztlich dazu veranlasst sah, die Reißleine zu ziehen. Im Zuge der damaligen Protestwelle bat man sogar die Stadtverwaltung, entsprechende Barrieren zu installieren, "damit niemand überfahren werde."
Im identischen Jahr übernahm Transparent-Showrunner Joey Soloway das Zepter, welcher zum damaligen Zeitpunkt mit seinem Outing als non-binäre Persönlichkeit von sich reden machte und sich mit Vorwürfen zu sexuellen Übergriffen am Set der Show konfrontiert sah. Hierbei ging es wohlgemerkt aber um den Schauspieler Jeffrey Tambor, der zwei Trans-Personen im Zuge der Zusammenarbeit belästigt haben soll, was dieser wiederum vehement bestritt.
Schnell wurde jedoch klar, dass Joey Soloway der gewichtigen Aufgabe auf dem Regiestuhl nicht gewachsen ist. Ein Crewmitglied, das am damaligen Set zugegen war, bezeichnet dieses kurze Gastspiel bei Red Sonja als "komplettes Desaster". Soloway blieb jedoch im Rang der ausführenden Produktion beteiligt und will fortan mit einem von den gescheiterten Dreharbeiten inspirierten Dokumentarfilm aufwarten.
Lest auf Seite 2, wie M.J. Bassett den Red Sonja-Reboot mit Leben zu füllen versucht und welche Ziele man sich gesetzt hat, um ein breites Publikum für den Fantasy-Stoff zu begeistern.
Selbst Yariv Lerner, Sohn von Avi Lerner und CEO des Produktionsstudios Nu Boyana, zog nach diesen ganzen Eskapaden zu Red Sonja einen schmerzhaften Vergleich mit Terry Gilliams The Man Who Killed Don Quixote. Auch diese namhafte Person versuchte über mehrere Jahrzehnte gegen alle nur erdenklichen Widrigkeiten anzukämpfen, um sein Traumprojekt Wirklichkeit werden zu lassen. Letztlich gelang ihm das auch.
Im Frühjahr 2022 passierte dann endlich die bekannte Kehrtwende und M.J. Bassett bekam die Chance, den Red Sonja-Film zu realisieren. Bassett ist laut eigenen Angaben in die mittlerweile über neunzig Jahre alte von Figur Red Sonya vom legendären Pulp-Autoren Robert E. Howard seit Kindesbeinen vernarrt. Jene Figur war bekanntlich der Ausgangspunkt für die 1973 erstmals in Erscheinung getretene Marvel-Heldin Red Sonja.
Avi Lerner, Chef von Millenium Media und damit auch Eigentümer von Nu Boyana, soll Bassett bei den Ausführungen zu etwaigen Plänen unterbrochen haben, indem er sagte, dass es ihm um einen Film gehe, der gewinnbringend vermarktet werden könne.
Die vom Studio zu diesem Zeitpunkt auserkorene Game of Thrones-Darstellerin Hannah John-Kamen wurde kurzerhand gegen die unbekannte Matilda Lutz getauscht. Bassett lobt insbesondere ihre temperamentvolle und taffe Seite. Die scheint durchaus vorhanden, wenn man bedenkt, dass Lutz 13 Pfund an Muskelmasse zugelegt hat, um Red Sonja angemessen verkörpern zu können: "Jeden Tag heißt es entweder Klettern, Reiten oder Kämpfen." Lutz sieht Sonja als eine Frau, die allein in einer lebensfeindlichen, verrückten Welt zurechtkommen müsse.
Wer nach diesen Zeilen aber sofort blind mit der "Wokeness-Keule" um sich zu schlagen versucht, den (oder die) müssen wir allerdings enttäuschen, da Bassett dem bisherigen Drehbuch eine Abfuhr erteilte, in dem es um identitätspolitische Fragen gegangen sein soll. Aus der Perspektive einer spannenden Geschichte sei das für Bassett keine besonders interessante Ausgangslage, weshalb es in dem neuen Red Sonja-Beitrag einfach um eine starke Frau gehen solle.
Aus demselben Grund werde auch nicht die im Originalfilm von 1985 vorkommende Vergewaltigungsszene im Rebootwerk rezitiert. Für Bassett, deren/dessen non-binäres Dasein auch in dem zugrundeliegenden Bericht des Hollywood Reporter thematisiert wird, sei eine Vergewaltigung kein sinnhafter Ausgangspunkt, um eine Figur mit Leben zu füllen.
Spannend ist ebenfalls, dass man für Red Sonja mit vielen praktischen Effekten rechnen darf, da CGI-Effekte nicht denselben Effekt beim Publikum erzielen. Als Production-Designer konnte Clint Wallace, Supervising Art Director von Top Gun - Maverick, gewonnen werden, was alles anderes als ein schlechtes Omen für den Fantasy-Film sein dürfte. Sogleich verweist er darauf, dass er hier ganz anders als bei einem Marvel-Film tüfteln könne. Dabei vergleicht er die Produktion mit einer Mischung aus Gladiator, Der Herr der Ringe und Spartacus und teilt außerdem mit, dass einem Elemente aus Steam Punk, Mad Max und dem architektonischen Schaffen Frank Lloyd Wrights erwarten, die auf einzigartige Weise kombiniert würden.
Zu den bislang größten Hits von Millenium Media zählen B-Movie-Beiträge wie Olympus Has Fallen und die The Expendables-Reihe mit Sylvester Stallone an der Front.
Aktuell wird der Film in der Nähe von Bulgariens Hauptstadt Sofia gedreht. Noch ist unklar, wann dieses B-Movie-Projekt auf internationaler Bühne erstrahlen kann, doch immerhin mangelt es an einer gewichtigen Zutat nicht: Herzblut! Die große Frage lautet letztlich aber, ob das zusammen mit den begrenzten Mittel dazu gereicht, um ein überzeugendes Fantasy-Epos aufs Parkett zu zaubern. Damit Red Sonja Anklang beim Publikum finden kann, wird man sich in den kommenden Monaten auch um einen Vertrieb kümmern müssen, denn der fehlt beispielsweise in den USA nach wie vor.